Volles Risiko!
Stefan Shaw, Kommentar,
„Soziale Unternehmer“ bereichern den sozialen Sektor mit innovativen Angeboten. Nachhaltig funktionierende, eigenständige Finanzierungsmodelle sind jedoch selten. Der mit Abstand größte Auftraggeber sozialer Dienstleistungen ist die öffentliche Hand. Die öffentliche Finanzierungslogik benachteiligt die bestehende Szene von „sozialen Unternehmern“. Dadurch werden Innovationen im sozialen Sektor verhindert.

Abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss. Zwischen dem ersten einreichungsfähigen Entwurf eines Projektantrags und der Endabrechnung mit der öffentlichen Hand vergehen gut und gerne ein paar Jahre, und natürlich verschieben sich in dieser Zeit hier und da ein paar Positionen. Jede Abweichung vom bewilligten Plan – jede! – zieht unweigerlich einen Kette an Änderungsanträgen, erneuten Bewilligungsverfahren und Unsicherheiten nach sich – für den Antragsteller und ab der ersten Projektsekunde auch für den vollhaftenden Vorfinanzierer. Dies ist nicht zu umgehen. Das finanzielle Risiko eines öffentlich geförderten Projekts liegt unausweichlich beim verantwortlichen sozialen Unternehmer und seinen Gesellschaftern.

Den Unternehmer oder sein Unternehmen in das Risiko zu nehmen, wäre eine völlig normale und gerechte Angelegenheit, wenn es für den Unternehmer zumindest die abstrakte Chance gäbe, einen Verlust in dem einen Projekt durch einen Gewinn in einem anderen auszugleichen. Doch genau an diesem Punkt bricht die öffentliche Förderlogik mit den Gesetzen des Unternehmertums, die immer gelten, egal ob für profit oder non profit: Wenn das soziale Unternehmen bestenfalls eine schwarze Null erreichen kann, aber schon von vornherein niemals mehr als das, dann wird es zwangsläufig in den roten Zahlen landen. Je mehr Projekte laufen, desto größer müssen die Verluste werden, denn jedes Projekt erhöht das Risiko und keines kann es mindern. Ein ausgeglichenes Ergebnis ist nur möglich, wenn aus fremden Töpfen zugeschossen wird. Dies sind häufig Spenden. Nicht selten sind es jedoch auch Eigenmittel des Sozialunternehmers. Eigenmittel woher?, wird man sich fragen. Das fragt sich der Unternehmer auch irgendwann; er erkennt, dass der soziale Sektor den Aufbau eines nachhaltigen, sich selbst tragenden Unternehmens nicht zulässt … und zieht sich zurück.

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